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Der AV-Block zählt zu den bradykarden Herzrhythmusstörungen. Abhängig vom Schweregrad kommt es bei diesem Blockbild zur Verzögerung und/ oder zum Ausfall der Erregungsleitung im Bereich des AV-Knotens zwischen Vorhof und Kammer.
AV-Block: Übersicht
Definition
Epidemiologie
Ursachen
Pathogenese
Symptome
Diagnostik
Therapie
Prognose
Prophylaxe
Hinweise
Definition
Beim atrioventrikulären Block oder AV-Block kommt es aufgrund einer anatomischen oder funktionellen Beeinträchtigung des Reizleitungssystems des Herzens zur Verzögerung und/ oder zum Ausfall der Überleitung zwischen Vorhof und Ventrikel. Diese Leitungsstörung kann sowohl einen transienten als auch einen permanenten Charakter aufweisen.
Klassifikation und Charakteristika
Der AV-Block wird in drei Schweregrade unterteilt:
- Der AV-Block ersten Grades ist durch eine kontinuierlich verlängerte PQ-Zeit von über 200 Millisekunden gekennzeichnet. Dabei wird jede Vorhoferregung auf den Ventrikel übertragen.
- Beim AV-Block zweiten Grades wird nicht jede Vorhoferregung auf den Ventrikel übertragen. Er lässt sich weiter in zwei Typen unterteilen:
- Der Typ Mobitz 1 wird auch als Typ Wenckebach bezeichnet und zählt zusammen mit dem AV-Block ersten Grades zu den niedriggradigen Blockierungen. Hier kommt es zur Zunahme der PQ-Zeit mit jeder Herzaktion, die sich bis zum Ausfall eines QRS-Komplexes nach einer regulären Vorhoferregung fortsetzt. Solche Sequenzen bezeichnet man als Wenckebach-Periodik.
- Beim Typ Mobitz 2 fehlt die oben genannte Periodik. Das PQ-Intervall hat in allen dem Ausfall der ventrikulären Erregung vorhergehenden P-QRS-Komplexen eine konstante Länge. Dieser AV-Block-Typ zählt, zusammen mit dem AV-Block dritten Grades, zu den höhergradigen Blockierungen [1,2].
- Beim AV-Block dritten Grades ist die elektrische Verbindung zwischen Vorhöfen und Ventrikeln völlig unterbrochen, weswegen er auch als kompletter AV-Block bezeichnet wird. Die QRS-Komplexe können, wie im unteren Bild, durch einen Ersatzrhythmus generiert sein oder ganz ausfallen. Falls ein Ersatzrhythmus besteht, ist der Vorhofrhythmus schneller als der Ersatzrhythmus. Es lassen sich somit mehr P-Wellen als QRS-Komplexe beobachten, wobei die PP- und RR-Abstände konstant sind.
Epidemiologie
Die Datenlage zur Prävalenz von AV-Blöcken präsentiert sich aktuell als vergleichsweise limitiert, da es an großen populationsbasierten Studien zur Thematik fehlt. Eine in China durchgeführte Studie mit über 15 Millionen erwachsenen Teilnehmern im Durchschnittsalter von 40 Jahren zeigte im Routine-Check-Up-EKG bei etwa 0,6% einen AV-Block. Davon lag bei 96% ein AV-Block ersten Grades vor, während 2,5% von einem AV-Block zweiten Grades und etwa 0,5% von einem AV-Block dritten Grades betroffen waren.
Zu den Risikofaktoren für das Auftreten des Blockbildes zählen ein höheres Alter, das männliche Geschlecht, ein erhöhter Vagustonus und Bradykardie, Diabetes, Hypertension sowie vorbestehende Erkrankungen des Herzens beziehungsweise des Reizleitungssystems.
Ursachen
Somatische Ursachen
Ein niedriggradiger AV-Block kann im Rahmen einer Bradykardie bei erhöhtem Vagustonus, beispielsweise bei jungen Sportlern, auftreten. Höhergradigen Blockbildern liegen in der Regel strukturelle Pathologien des Reizleitungssystems des Herzens zugrunde. Bei etwa 50% der Patienten mit einem AV-Block ist dieser auf eine idiopathische Fibrose und Sklerose des Leitungssystems zurückzuführen. Ungefähr 40% der AV-Blöcke treten im Zusammenhang mit einer ischämischen Herzkrankheit auf [4]. AV-Blöcke können sich weiterhin als Komplikation einer Endokarditis, Myokarditis sowie nicht entzündlicher Myokard-Erkrankungen jeder Art, beispielsweise Kardiomyopathien, Amyloidose und myokardialer Dystrophien, entwickeln.
Kardiale Tumore oder Zysten, neuromuskuläre Erkrankungen, Hypothyreose sowie Erkrankungen, die in einer Hyperkaliämie resultieren, können ebenfalls das Auftreten eines AV-Blocks begünstigen. Des Weiteren ist für einige AV-Block-Varianten eine autosomal dominante Vererbung beschrieben, wobei unter anderem das Gen SCN5A, welches für einen Kalium-Kanal codiert, betroffen ist.
Latrogene Ursachen
Häufig ist das Auftreten eines AV-Blocks auf die Einnahme von Medikamenten, die die AV-Überleitungszeit verlangsamen, zurückzuführen. Hierzu zählen beispielsweise Betablocker, Nicht-Dihydropyridin-Calcium-Kanal-Blocker, Digitalis sowie Antiarrhythmika.
Ein passagerer oder permanenter AV-Block kann sich weiterhin als Komplikation nach Operationen am offenen Herzen sowie Herzkatheter-basierten Interventionen entwickeln. So verzeichnete das Deutsche Herzregister des Jahres 2019 nach 4,8% der herzchirurgischen Eingriffe einen postoperativen AV-Block dritten Grades.
Pathogenese
Bei physiologischer Reizleitung werden im AV-Knoten Impulse aus dem Sinusknoten empfangen und mit einer Verzögerung über das His-Purkinje-System weitergeleitet. Diese Verzögerung gewährleistet eine vollständige Vorhofkontraktion, bevor die Ventrikelkontraktion einsetzt. Im Falle eines AV-Blocks ist diese Verzögerung der atrioventrikulären Überleitung pathophysiologisch verlängert.
Das Phänomen kann beispielsweise auf einen erhöhten Vagustonus zurückzuführen sein, was häufig auf Leistungssportler mit einem AV-Block ersten Grades oder einem AV-Block zweiten Grades vom Typ Mobitz 1 zutrifft:
Die Parasympathikus-Wirkung entfaltet sich durch die Aktivierung muskarinerger Acetylcholinrezeptoren vom M2-Typ in den Vorhöfen. An diese Kanäle sind inhibitorische G-Proteine gekoppelt, deren Aktivierung zur Hemmung der sympathischen, positiv dromotropen Wirkung am Herzen führt. Durch den erhöhten Vagustonus nimmt die atrioventrikuläre Überleitungsgeschwindigkeit somit ab. Weiterhin werden Kalium-Kanäle aktiviert, was in einer Hyperpolarisation im AV-Knoten resultiert und ebenfalls zur Verzögerung der Reizweiterleitung beiträgt.
Die Depolarisation der Zellen im AV-Knoten kann außerdem durch Medikamente verzögert werden, was zu einer reversiblen AV-Blockierung führt.
Weiterhin können dem AV-Block auch strukturelle Veränderungen zugrunde liegen. Durch eine Abnahme der Zellen des Reizleitungssystems im Bereich des AV-Knotens kommt es in solchen Fällen, je nach Lokalisation, zur inkompletten oder kompletten Überleitungsstörung. Elektrophysiologisch unterscheidet man nodale beziehungsweise suprahissäre Blockierungen von den infranodalen beziehungsweise hissären Blockierungen. In den meisten Fällen eines AV-Blocks ersten Grades sowie beim AV-Block zweiten Grades vom Typ Mobitz 1 handelt es sich um eine suprahissäre Störung. Dagegen sind höhergradige Blockierungen meist infranodal lokalisiert.
Symptome
Häufig bleiben AV-Blockierungen des ersten und zweiten Grades Typ Mobitz 1 asymptomatisch. Beim AV-Block zweiten Grades Typ Mobitz 2 kann es im Falle einer ausbleibenden Überleitung zweier oder mehrerer Reize aus dem Vorhof auf den Ventrikel zu einem Gefühl von Palpitationen und Dyspnoe kommen.
Der AV-Block dritten Grades ist zwar in einigen Fällen asymptomatisch, kann jedoch bei langsamer Frequenz des ventrikulären Ersatzrhythmus zur Belastungsdyspnoe, Schwäche sowie zu Präsynkopen durch eine hämodynamisch relevante Bradykardie führen. Letztendlich können Synkopen, Adams-Stokes-Anfälle und der Tod Folgen des AV-Blocks dritten Grades sein, falls der Ersatzrhythmus für mehrere Sekunden oder komplett ausbleibt.
Diagnostik
Ein AV-Block kann in der Regel recht sicher im EKG nachgewiesen werden, sodass dieses den wichtigsten diagnostischen Schritt darstellt. Anamnestisch liegt der Fokus auf der Erfassung möglicher Symptome und deren Korrelation mit dem identifizierten Blockbild.
Berichten Patienten, bei denen beispielsweise im Ruhe-EKG ein niedriggradiger AV-Block nachgewiesen wurde, von den oben beschriebenen Symptomen, so ist es möglich, dass diese auf einen höhergradigen Block zurückzuführen sind.
Um eine Progression niedriggradiger Blockierungen zu höhergradigen aufzudecken, wird häufig eine weiterführende Diagnostik mittels Langzeit- und/ oder Belastungs-EKG durchgeführt.
Auch wird bei allen Arten der AV-Blöcke in der Regel mittels laborchemischer und bildgebender Verfahren nach reversiblen Ursachen, wie Elektrolytentgleisungen, Schilddrüsenerkrankungen und Pathologien am Herzen gesucht. In diesem Sinne wird weiterhin überprüft, ob Medikamente eingenommen werden, die die atrioventrikuläre Überleitungszeit verlangsamen.
Differenzialdiagnostik
Ein AV-Block kann in den meisten Fällen anhand des EKGs sicher diagnostiziert werden. Einen Sonderfall stellt der AV-Block zweiten Grades mit 2:1-Überleitung dar, bei dem also nach jeder zweiten P-Welle ein QRS-Komplex ausfällt. Hier ist die Unterscheidung zwischen Typ Mobitz 1 und 2 erschwert. Meistens handelt es sich bei diesem Phänomen jedoch um eine Variante des Blocks Mobitz 1. In solchen Fällen ist manchmal eine Wenckebach-Periodik in einigen der P-QRS-Komplexe erkennbar. Weiterhin sind die QRS-Komplexe aufgrund des meist suprahissären Block-Ursprungs schmal. Hinweise auf einen 2:1-Block Typ Mobitz 2 können hingegen verbreiterte QRS-Komplexe sein, was mit seinem infrahissären Ursprung erklärbar ist.
Eine andere Herzrhythmusstörung, die mit einem kompletten AV-Block mit Ersatzrhythmus verwechselt werden kann, ist das bradykarde Vorhofflimmern mit herabgesetzter, jedoch vorhandener AV-Überleitung. Dies kann insbesondere bei kurzen EKG-Streifen eine differentialdiagnostische Schwierigkeit darstellen. Bei der Unterscheidung dieser beiden Phänomene spielen die RR-Intervalle eine wesentliche Rolle.
Im Falle des Vorhofflimmerns sind diese unterschiedlich, während sie beim AV-Block gleich sind.
Der AV-Block dritten Grades ist weiterhin von einer AV-Dissoziation abzugrenzen. In diesem Falle werden die Vorhoffrequenz und ventrikuläre Frequenz miteinander verglichen. Tritt eine AV-Dissoziation auf, so ist die Vorhoffrequenz langsamer als die ventrikuläre Frequenz. Beim AV-Block dritten Grades hingegen ist die ventrikuläre Frequenz beziehungsweise der Ersatzrhythmus langsamer als der Vorhofrhythmus.
Therapie
Das Vorliegen eines AV-Blocks ersten Grades sowie eines AV-Blocks zweiten Grades Typ Mobitz 1 bei asymptomatischen Personen ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren stellt zunächst meistens keine Therapieindikation dar.
Bei symptomatischen Personen wird nach einer den Symptomen zugrunde liegenden höhergradigen AV-Blockierung gesucht. Wird diese gefunden und eine reversible kardiale oder nicht-kardiale Erkrankung als Ursache für den AV-Block vermutet, so steht die Behandlung der primären Krankheit im Vordergrund. Manchmal kann beispielsweise der Ausgleich einer manifesten Hypothyreose zur Besserung der AV-Überleitung führen.
Ist die AV-Blockierung auf Medikamente, die die Erregungsweiterleitung verlangsamen, zurückführbar, kann eine Dosisreduktion oder Absetzung des Präparates in Erwägung gezogen werden. Bei einer Hyperkaliämie steht die schnelle Senkung des Kaliumspiegels an erster Stelle.
Ansonsten ist die Implantation eines Herzschrittmachers die wichtigste therapeutische Option. Leitliniengemäß stellen der AV-Block zweiten Grades Typ Mobitz 2, ein AV-Block mit 2:1-Überleitung sowie der AV-Block dritten Grades angesichts des Risikos für einen plötzlichen Herztod eine Schrittmacherindikation dar, unabhängig davon, ob Symptome vorliegen oder nicht.
Prognose
Obwohl niedriggradige Blockierungen generell mit einer guten Prognose assoziiert werden, sind die diesbezüglichen Daten eher gemischt. Beispielsweise zeigte eine Meta-Analyse von 14 Studien mit über 400.000 teilnehmenden Patienten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz und Mortalität im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Generell ist die Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Komplikationen bei AV-Block-Patienten mit kardialen Komorbiditäten, wie einer koronaren Herzkrankheit, höher als bei ansonsten gesunden AV-Block-Patienten.
Höhergradige AV-Blockierungen sind mit einem hohen Risiko für symptomatische Bradykardie, hämodynamische Instabilität sowie schließlich Tod assoziiert und erfordern daher meist eine Schrittmachertherapie.
Prophylaxe
Obwohl es keine spezifische Prophylaxe für das Erstauftreten von AV-Blockierungen gibt, stellt die Schrittmachertherapie eine zentrale Maßnahme zur Verhinderung der Progression eines bestehenden AV-Blocks dar. Weiterhin wird beim Vorliegen eines bekannten AV-Blocks empfohlen, Medikamente, die zu einer Verzögerung der Erregungsleitung im Bereich des AV-Knotens führen, zu meiden.
Beim (asymptomatischen) niedriggradigen AV-Block sind Routine-Check-Ups erforderlich, damit im Falle einer Progression zügig reagiert werden kann.
Hinweise
Komplikationen
Die Progression eines niedriggradigen AV-Blocks zu einem höhergradigen AV-Block kann zu einem symptomatischen Krankheitsbild mit hämodynamischer Relevanz führen. Beispielsweise kann es zu Synkopen und dadurch bedingten Sturzverletzungen kommen. Bleibt der Ersatzrhythmus beim AV-Block dritten Grades aus, kann es letztendlich zum plötzlichen Herztod kommen.
Auch die therapeutische Herzschrittmacherimplantation bringt spezifische Komplikationen mit sich. Hierzu zählen unter anderem Infektionen, die Ablösung von Schrittmacherelektroden sowie das Entwickeln einer Schrittmacher-induzierten-Kardiomyopathie.
Autor:
Arina Lokschin
Stand:
24.06.2024
Quelle:
- Kashou et al. (2022): Atrioventricular Block, StatPearls, PMID: 29083636
- Mitchell (2023): Atrioventrikulärer Block, MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise
- Shan et al. (2021): Prevalence and risk factors of atrioventricular block among 15 million Chinese health examination participants in 2018: a nation-wide cross-sectional study, BMC Cardiovasc Disord, DOI: 10.1186/s12872-021-02105-3
- Sauer (2022): Etiology of atrioventricular block, UpToDate
- Hass et al. (2011): Atrioventrikulärer Block, Kinderkardiologie, DOI: 10.1055/b-0034-63361
- Deutsche Herzstiftung (2020): Deutscher Herzbericht 2019 - Sektorenübergreifende Versorgungsanalyse zur Kardiologie, Herzchirurgie und Kinderherzmedizin in Deutschland
- LaCroix et al. (2008): Deficiency of M2 muscarinic acetylcholine receptors increases susceptibility of ventricular function to chronic adrenergic stress, American Journal of Physiology, DOI: 10.1152/ajpheart.00724.2007
- Sauer (2022): First-degree atrioventricular block, UpToDate
- Knabben et al. (2023): Third-Degree Atrioventricular Block, StatPearls, PMID: 31424783
- European Society of Cardiology, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (2021): Schrittmacher- und kardiale Resynchronisationstherapie, ESC Pocket Guidelines
- Sandesara (2023): Atrioventricular Block, Medscape
- Mangi et al. (2023): Second-Degree Atrioventricular Block, StatPearls, PMID: 29493981
- Oldroyd et al. (2023): First-Degree Heart Block, StatPearls, PMID: 28846254
Bilder:
Atrioventrikuläre Blockierungen, www.fokus-ekg.de
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